„Nur 300 km“ – Rüdiger Bertram liest für die sechsten Klassen

Habt ihr euch schon mal Gedanken gemacht, was es bedeutet, im Rollstuhl zu sitzen? Rüdiger Bertrams Hauptfigur Carl aus seinem neuesten Jugendroman „Nur 300 km“ ist auf dieses Gefährt angewiesen, nachdem er durch einen Unfall von der Hüfte an gelähmt ist. Carl würde es so ausdrücken: „Inkomplette Querschnittslähmung. Nobody is perfect, nicht mal mein Transversalsyndrom.“

Mit witzig-spritzigen Dialogen kommt dieser Roadtrip daher, sodass die Schüler*innen der Jahrgangsstufe 6 am ersten Freitag im Februar 2024 bei dessen Vorstellung in der Aula einiges zu lachen hatten. „Ich werde im Rolli sterben, aber ist doch gut: Fall' ich wenigstens nicht hin, wenn ich mal einen Herzinfarkt kriege.“

Und so frech der Text daherkommt, so gut kam auch die Lesung von Bertram bei den Kindern an. In der Nachbesprechung wurde nicht nur seine Auswahl der Textpassagen gelobt: „Ich fand die Textstellen gut, die der Autor ausgesucht hat, weil sie witzig waren und man sofort verstanden hat, worum es ging. Und wenn nicht, hat er es vorher schon ein wenig erklärt.“ Auch die Vortragsweise mit unterschiedlichen Stimmlagen fand Anklang: „Das war mega witzig in der Stelle auf der Quarterpipe, als der Manuel Bäcker im Rollstuhl seine komischen Sprüche losließ und der Autor dann mit verstellter Stimme „TSCHAKKA-TSCHAKKA!“ rief. Ich hab mich zuerst total erschreckt.“

Begeisterung fand ebenfalls der kurze Clip über den Wheelskater Aaron „Wheelz“ Forthingham, der riskant und rasant in einer Skateranlage Stunts in seinem Rollstuhl vollführte. „Ich habe mir erst nach dem Besuch in der Aula Gedanken gemacht, was es eigentlich bedeutet, im Rollstuhl zu sitzen“, so ein Schüler im Nachgang der Veranstaltung. Sicherlich hatte Bertrams Einstieg mit Bildern von Rollstühlen, die für den Strandurlaub gedacht waren, zu dieser Nachdenklichkeit beigetragen. Als ansprechend für Jugendliche konnte man diese sicherlich nicht bezeichnen.

Die Fragerunde am Ende der Lesung zeigte, wie interessiert die Jungen und Mädchen zugehört hatten und beim Thema geblieben waren. So war eine dieser Fragen beispielsweise, als die Kinder hörten, dass es Verhandlungen über eine Verfilmung gebe: „Wird Carl dann von einem Menschen mit Einschränkung gespielt oder von einem gesunden Schauspieler, der sich in einen Rollstuhl setzt?“ Daraufhin entwickelte sich über einige Minuten hinweg eine Diskussion zwischen Autor und Publikum zu möglichen Antworten auf diese Frage.

Alles in allem war es eine gelungene Veranstaltung, die nach Äußerungen der Schüler*innen aus den sechsten Klassen viel Spaß gemacht hat und gerne wiederholt werden könne. Oder wie Carls Freundin Fee sagen würde: „Was ist denn hier los? Regnet’s hier rein? Quallenquatsch, regnet doch gar nicht. Oder heult ihr beiden schon wieder?“

Annette Schäfer & Sarah Hetzel