Am 17. Juni 2025, dem Jahrestag des Volksaufstands in der DDR im Jahr 1953, hatten die 10. Klassen des Antoniuskollegs die Gelegenheit, mit zwei Zeitzeugen der SED-Diktatur ins Gespräch zu kommen. Der historische Kontext verlieh der Veranstaltung eine besondere Tiefe: Genau 72 Jahre nach dem mutigen Protest tausender DDR-Bürger gegen Unterdrückung, Arbeitszwang und politische Willkür standen zwei Menschen Rede und Antwort, die das Regime selbst erlebt und unter ihm gelitten haben.
Im Mittelpunkt des Besuchs stand der eindrucksvolle Bericht von Herrn Herzog, der den Jugendlichen einen sehr persönlichen Einblick in das Leben in der ehemaligen DDR gewährte. Geboren und aufgewachsen im sogenannten „Tal der Ahnungslosen“, einer Region bei Dresden, in der das westdeutsche Fernsehen nicht empfangen werden konnte, schilderte er zunächst eine ruhige Kindheit. Doch je älter er wurde, desto deutlicher spürte er die Einschränkungen des Systems: ideologische Kontrolle, eingeschränkte Reisefreiheit und kaum Raum für persönliche Entfaltung.
Um dennoch einen Studienplatz zu bekommen, verpflichtete er sich für drei Jahre zum Wehrdienst und wurde dem Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ zugeteilt, deren Aufgabe der Schutz von SED-Politikern und Funktionären war. Die Einblicke in das Machtzentrum des Regimes verstärkten seine Ablehnung allerdings nur noch. Gemeinsam mit einem Freund wagte er schließlich einen Fluchtversuch – vergeblich. Die Stasi kam ihm zuvor. Es folgte eine Verurteilung zu fünfeinhalb Jahren Haft in der berüchtigten Strafanstalt Bautzen II. Auch nach seiner Freilassung blieb er unter Beobachtung. Erst einige Monate später wurde ihm schließlich die DDR-Staatsbürgerschaft aberkannt, was ihm die Ausreise in die Bundesrepublik ermöglichte.
Nach seinem bewegenden Bericht nutzten zahlreiche Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit, Fragen zu stellen: zu seinem damaligen Alltag, zur Rolle der Stasi oder zur persönlichen Verarbeitung seiner Erlebnisse. Am Ende wandte sich Herr Herzog mit einem eindringlichen Appell an die Jugendlichen: Demokratie sei kein Selbstläufer. Auch wenn sie manchmal unvollkommen erscheine, sei sie das beste System, das wir hätten. Es liege an der jungen Generation, diese Freiheit zu schützen, mit Leben zu füllen und weiterzuentwickeln.
Ein Gespräch, das – gerade an diesem symbolträchtigen Datum – eindringlich vor Augen führte, wie wertvoll Freiheit ist.
Kerstin Blönigen